Stewardship – über Hintergrund, Zweck und Vorgaben

Während in Brasilien die COP30 tagt und die Welt erneut um Wege ringt, die Ziele des Pariser Abkommens doch noch zu erreichen, liefert der aktuelle Bericht des Global Carbon Project eine deutliche Warnung: Die globalen CO₂-Emissionen aus fossilen Brennstoffen werden 2025 voraussichtlich abermals steigen – auf ein Rekordniveau von 38,1 Milliarden Tonnen. Das zum Erreichen des 1,5-Grad-Ziels verbleibende Kohlenstoffbudget ist damit beinahe aufgebraucht. Die Zahlen zeigen klar: Der Klimawandel ist Realität und seine Folgen für Wirtschaft, Gesellschaft und Kapitalmärkte werden wir auch künftig verstärkt wahrnehmen.

Gerade der Kapitalmarkt kann aber zum Beschleuniger des Wandels werden. Durch aktives Stewardship, also den gezielten Dialog mit Unternehmen, die verantwortungsvolle Ausübung von Stimmrechten und das Setzen klarer Erwartungen, können Investoren entscheidende Impulse geben, um Geschäftsmodelle nachhaltiger, widerstandsfähiger und zukunftsfähiger zu gestalten. Allerdings reicht es nicht aus, nur ökologische bzw. Klimafaktoren im Blick zu haben. Soziale und Governance-Aspekte haben einen wesentlichen Einfluss auf Reputations- und Unternehmensrisiken und sollten in einem holistischen Stewardship-Ansatz entsprechend berücksichtigt werden.

Den Nachhaltigkeitsansatz eines Unternehmens ganzheitlich zu denken und aktiv mitzugestalten, darin liegt die Stärke von Stewardship. Genau deshalb rücken wir dieses Thema, gemeinsam mit unserem neuen Partner, stärker in den Fokus unserer Investmentstrategien.

In dieser Ausgabe unseres ESG-Newsletters beleuchtet das Sustainability Office, welche Wirkung aktives Engagement entfalten kann und warum es zu einem Schlüsselinstrument für langfristig verantwortungsvolles Investieren wird.

Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre
Philipp Plate


Stewardship – über Hintergrund, Zweck und Vorgaben

Stewardship steht im Zentrum unserer treuhänderischen Verpflichtung, stets im besten Interesse unserer Kundinnen und Kunden zu handeln. Ziel ist eine nachhaltige Wertschöpfung, bei der finanzielle Ergebnisse und ESG-Faktoren Hand in Hand gehen.

Konkret umfasst Stewardship den aktiven Dialog mit Unternehmen (Engagement), die Ausübung von Aktionärsrechten, insbesondere Stimmrechten (Voting), sowie den Austausch mit anderen Investoren. Dadurch soll langfristig verantwortungsvolles Handeln in Unternehmen gefördert und so Risiken gemindert, Resilienz gestärkt und nachhaltige Werte geschaffen werden.

Studien zeigen, dass aktives Engagement das ESG-Verhalten von Unternehmen verbessern kann1. Durch gezielte Gespräche und Forderungen können Investoren strategische Impulse setzen. Besonders wirkungsvoll ist dies, wenn:

  • das Unternehmen Nachhaltigkeit bereits als relevanten Faktor anerkennt,
  • die Kosten für die Umsetzung realistisch sind und
  • der Investor über ausreichenden Einfluss und Glaubwürdigkeit verfügt2.

Ebenso entscheidend ist ein gegenseitiges Verständnis der jeweiligen Positionen und klar definierte Prozesse, inklusive Eskalationsmechanismen, falls Fortschritte ausbleiben. Auch die Ausübung von Stimmrechten ist ein kraftvolles Instrument, um Veränderungen anzustoßen2, Signale an den Markt zu senden und Verantwortlichkeit einzufordern.

Die europäische Aktionärsrechterichtlinie und ihre deutsche Umsetzung (ARUG II) verpflichten Vermögensverwalter und institutionelle Investoren, ihre Mitwirkungspolitik offenzulegen und jährlich über deren Umsetzung zu berichten. Branchenstandards wie die EFAMA Stewardship Codes, die DVFA-Leitlinien oder Organisationen wie die PRI (Principles for Responsible Investment) konkretisieren diese Anforderungen weiter. Über die Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) werden Engagement- und Voting-Aktivitäten bislang nur am Rande erfasst. So etwa im Rahmen des sogenannten PAI-Statements, in dem Finanzakteure ihre Position zu wesentlichen Nachhaltigkeitsauswirkungen darlegen.


Unser Ansatz – größere Wirkung & klare Strukturen

Um unseren Einfluss bei Stewardship-Aktivitäten weiter zu stärken, sind wir zum 1. Oktober 2025 eine strategische Partnerschaft mit IVOX Glass Lewis GmbH eingegangen – einem der führenden Anbieter im Bereich Proxy Voting und Engagement.

Mit dieser Kooperation verfolgen wir ein klares Ziel. Wir wollen unsere Einflussmöglichkeiten erweitern, unser Engagement gezielter und wirkungsvoller gestalten und Ergebnisse transparenter machen. Konkret bedeutet das, dass wir die Auswahl und Priorisierung von Unternehmen sowie thematische Schwerpunkte vorgeben können. Darüber hinaus werden wir Engagements gemeinsam mit unserem strategischen Partner durchführen und im direkten Dialog mit den Unternehmen unsere Erwartungen, Bedenken und Ziele offen ansprechen. Wesentliche Gesprächsinhalte und -ergebnisse können wir dann direkt in unseren Investmentansatz integrieren und sie auch mit unseren Kundinnen und Kunden teilen. Dabei erfolgt eine Trennung zwischen den Voting-Aktivitäten, die im Middle Office angesiedelt sind und Engagements, die vom Sustainability Office gesteuert werden.

Eine enge Abstimmung zwischen beiden Bereichen ist dabei entscheidend, insbesondere, wenn es um Eskalationsmaßnahmen geht oder wenn Engagement-Themen strategische Relevanz für unsere Stimmrechtsausübung gewinnen. In diesem Zuge haben wir unseren strukturierten Voting- und Engagementansatz in unserer kürzlich aktualisierten Stewardship Policy festgehalten.


Engagement – Unser Hebel für nachhaltige Veränderung

Als verantwortungsvoller Vermögensverwalter haben wir uns entschieden, zahlreiche ESG-orientierte Publikumsfonds im Einklang mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens zu managen. Zur Steuerung dieser Ausrichtung nutzen wir die Kennzahl Implied Temperature Rise (ITR). Sie zeigt, ob unsere Portfolios „auf 2,0°C-Kurs“ sind. Mehr dazu erfahren Sie auch in unserer letzten Ausgabe des ESG Letter.

Unsere Engagement-Strategie komplementiert diesen Ansatz gezielt durch den Fokus auf ökologische Themen. Besonders im Blick stehen Unternehmen, deren Geschäftsmodelle noch nicht mit den Pariser Klimazielen vereinbar sind oder die kein Netto-Null-Ziel definiert haben. Durch den aktiven Dialog möchten wir auf fehlende Transformationsmaßnahmen aufmerksam machen, klare Erwartungen und Ziele formulieren und Unternehmen motivieren, eigene Klimastrategien und Dekarbonisierungspfade zu entwickeln. So setzen wir Anreize zur Transformation und zeigen gleichzeitig durch langfristiges Engagement unser Interesse am Unternehmen.



Unser Engagementprozess unterscheidet in zwei Ansätze:

Das Service-Provider-Engagement wird autark durch unseren Partner IVOX Glass Lewis GmbH durchgeführt. Für uns relevante Ergebnisse aus diesen Engagements fließen in unsere Analysen ein. Demgegenüber steht das individuelle Engagement, das wir gemeinsam mit unserem Partner und den ausgewählten Unternehmen durchführen. Besonders relevant ist für uns das individuelle Engagement, da wir hier gezielt Einfluss nehmen können. Der Prozess folgt dabei einem klar definierten Ablauf.

  1. Priorisierung der Unternehmen
    Auswahl auf Basis verschiedener Kriterien wie ESG-Risiken, Investitionsanteile und Relevanz für unsere Portfolios. Fokusthemen sind u. a. mangelnde Fortschritte bei der Dekarbonisierung, Verstöße gegen Menschenrechte oder fehlende unabhängige Leitungs- und Kontrollorgane.
  2. Dialog und Zieldefinition
    Gemeinsam mit unserem Partner treten wir in den direkten Austausch mit Unternehmensvertretern. Wir adressieren die identifizierten Handlungsbedarfe, formulieren klare Erwartungen und definieren konkrete Maßnahmen und Meilensteine.
  3. Dokumentation und Nachverfolgung
    Alle Gespräche werden protokolliert und auf einer webbasierten Plattform dokumentiert, um Entwicklungen nachhalten zu können.
  4. Reporting und Transparenz
    Die Ergebnisse fließen in unseren Stewardship-Report ein. Neben Informationen und Diagrammen zum Engagement werden auch Grafiken, Kennzahlen und Angaben zu unseren Stimmrechtsaktivitäten dargestellt.
  5. Integration und Bewertung
    In unserem ESG-Kompetenzcenter, bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern des Fondsmanagements und des Sustainability Office, diskutieren wir regelmäßig die Implikationen der Engagements für den Investmentprozess. Sofern ein Engagement keine Wirkung zeigt, prüfen wir mögliche Eskalationsmaßnahmen, wobei der Blick hierbei stets auf das Risiko eines Wertverlusts für unsere Kundinnen und Kunden gerichtet ist.

Mehrwert für institutionelle Anleger – Transparenz, Einfluss, Individualität

Für institutionelle Anleger zählt nicht nur, dass Stewardship-Maßnahmen stattfinden,  sondern vielmehr wie und in welchem Umfang Engagements umgesetzt und Stimmrechte ausgeübt werden. Viele Investoren wünschen sich zudem die Möglichkeit, gezielt Einfluss auf einzelne Unternehmen zu nehmen oder spezifische Themen in den Dialog einzubringen. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, bieten wir maßgeschneiderte Stewardship-Reports an, die volle Transparenz über sämtliche Aktivitäten bieten und individuell auf die kundenspezifischen Fondsbestände zugeschnitten sind. Unsere Reportinglösungen können je nach Informationsbedarf unterschiedlich kombiniert und vertieft werden:

  • Das Standard-Reporting enthält zentrale Statistiken zu allen durchgeführten Service Provider Engagements sowie zu den durch uns angestoßenen individuellen Engagements. Der Anleger selbst nimmt dabei keinen Einfluss auf die Auswahl der Unternehmen, mit denen Engagement betrieben wird. Die Auswertungen beziehen sich vollständig auf die jeweiligen Fondsbestände.
  • Ein Individuelles Reporting baut auf dem Standard-Reporting auf, jedoch können Anleger hier konkrete Engagement-Themen oder Zielunternehmen vorgeben. Der Bericht enthält detaillierte Fallstudien, die den Verlauf und die Ergebnisse dieser spezifischen Engagements transparent darstellen.

Beide Reportingvarianten umfassen zudem Informationen zur Stimmrechtsausübung, sodass ein ganzheitliches Stewardship-Reporting entsteht, das Wirkung und Verantwortung nachvollziehbar macht.

Sie möchten mehr über unsere Reportinglösungen erfahren?
Wir freuen uns auf Ihren Input und den Dialog mit Ihnen.


1 AFM: Occasional Paper: “the role of engagement in sustainable investing” von Mark Teunissen und Gerko Wessel (2025)

2 DVFA Fachausschuss Impact (2023) “DVFA - Leitfaden Impact Investing”





Diese Unterlage wurde auf Grundlage von nach Ansicht der BayernInvest Kapitalverwaltungsgesellschaft (BI) als zuverlässig und genau geltenden Quellen erstellt, ohne dass die BI eine Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit dieser Quellen übernimmt. Aus der in dieser Präsentation gemachten Angaben kann keine verbindliche Aussage über künftige Wertentwicklungen gemacht werden. Die Unterlage wurde von der BI nach bestem Wissen und Gewissen erstellt, ohne dass eine Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit übernommen wird. Sie soll lediglich als allgemeine Information dienen und gibt das Meinungsbild der BI wieder. Die geäußerten Ansichten können je nach Markt- und anderen Bedingungen jederzeit Veränderungen unterliegen. Die BI übernimmt keine Gewähr dafür, dass sich Länder, Märkte oder Branchen wie erwartet entwickeln. Investitionen enthalten Risiken, bspw. politische und währungsbedingte Risiken. Die Rendite und der Wert der zugrunde liegenden Anlagen können sinken oder steigen und können zu einem vollständigen Verlust des eingesetzten Kapitals führen. Die BayernInvest haftet nicht für den Eintritt einer bestimmten Performance der Anlage. Soweit die Präsentation eine Angabe einer Performance eines von der BI verwalteten Fonds enthält, ist die Performance nach BVI-Methode berechnet. Bei Bruttoperformance werden die auf Fondsebene anfallenden Kosten (z.B. Verwaltungsvergütung, Prüfungskosten, Trading Kosten etc.) nicht, bei Nettoperformance werden die auf Fondsebene anfallenden Kosten berücksichtigt. Die auf Kundenebene anfallenden Kosten (Ausgabeaufschlag, Depotkosten etc.) sind in der angegebenen Performance nicht berücksichtigt. Bei einer Anlage in Publikumsinvestmentvermögen sind die im Verkaufsprospekt beschriebenen Regelungen maßgeblich. Die Haftung der BI beschränkt sich auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Im Falle der Verletzung von Kardinalpflichten haftet die BayernInvest auch für einfache Fahrlässigkeit. In diesen Fällen ist die Haftung jedoch auf den typischen und vorhersehbaren Schaden beschränkt. Die Haftungsbeschränkung gilt neben dem Empfänger dieses Dokuments auch gegenüber Dritten, die dieses Dokument möglicherweise prüfen oder Informationen hieraus verwenden. Die Beschränkung der Haftung bezieht sich auf sämtliche Verluste sowie unmittelbare Schäden und Folgeschäden. Die Präsentation beinhaltet weder eine persönliche anleger- und objektgerechte, bzw. steuerliche oder rechtliche Beratung. Diese Präsentation richtet sich an „Professionelle Kunden“ und „Geeignete Gegenparteien“, nicht aber an „Privatkunden“ im Sinne des § 67 WpHG. Es wird darauf hingewiesen, dass diese Präsentation infolgedessen nicht die Vorgaben der BaFin im Hinblick auf Informationen durch Kapitalverwaltungs- und Wertpapierhandelsgesellschaften gegenüber Privatkunden erfüllt.