
Zwischen Erholung und Volatilität: Selektive Chancen im vierten Quartal
Ausgabe 16.10.2025

Der Kapitalmarkt trotzte in diesem Sommer der üblichen Saisonalität, und das, obwohl die Rahmenbedingungen nicht herausfordernder sein konnten. Getrieben von einer resilienten US-Wirtschaft und weiterhin moderaten Inflationseffekten durch die Zollpolitik konnten die US-Aktienmärkte neue Hochs erreichen.
Renditen auf 10-jährige US-Staatsanleihen zeigten sich etwas freundlicher, während Bundesanleihen in einer sehr engen Bandbreite notierten.
Die fiskalpolitischen Unsicherheiten in Frankreich und Deutschland belasteten die im Frühjahr entfachte Euphorie in der Eurozone. Wachstumssorgen nehmen zu und trübten zuletzt auch die europäischen Aktienmärkte etwas.
In Zeiten geopolitischer Unsicherheit behauptet sich Gold als sicherer Hafen. Die Risiken bleiben virulent und fordern klare Entscheidungen in der Portfolioausrichtung.
Mit diesem CIO-Letter geben wir Ihnen einen kompakten Einblick in unsere Anlagestrategie für den Jahresendspurt - mit Fokus auf Qualität, Sicherheit und selektive Chancen.

Makroausblick & Märkte
Neben den bereits genannten Einflussfaktoren bleibt auch die Zentralbankpolitik ein wichtiger Wegweiser für die Kapitalmärkte. Jedoch entkoppelten sich die Pfade der europäischen und amerikanischen Zentralbank über den Sommer.
Während die EZB ihren Zinssenkungszyklus für beendet erklärte, da ein anhaltender Disinflationstrend von Präsidentin Lagarde ausgeschlossen wurde, nahm die Fed ihren Zinssenkungszyklus wieder auf. Wir gehen davon aus, dass sich dieser bei zurückhaltender Rhetorik weiter fortsetzen wird.

Der Markt hatte zuletzt eine Erwartungshaltung von bis zu sechs Zinssenkungen bis Ende 2026 aufgebaut. Nach den hawkisheren Tönen von Noch-Präsident Powell bleiben nun neben dem bereits erfolgten Zinsschritt noch vier weitere Zinssenkungen über die nächsten 15 Monate.
Die Fed selbst steht vor einer ungewissen Zukunft, was ihre politische Ausrichtung betrifft. Zum einen bleibt die Personalsituation ungeklärt: Von den acht ständigen Mitgliedern des Board of Governors hat Trump mit Miran bereits eine Personalie langfristig besetzt. Die abberufene Lisa Cook bleibt bis zu einer Entscheidung des Supreme Courts vorläufig im Amt. Bleibt noch Jerome Powell, der nach Ablauf seiner Amtszeit als Vorsitzender noch zwei Jahre als Governor zur Verfügung stehen sollte.
Im Falle eines naheliegenden vorzeitigen Endes wären im bestmöglichen Fall für die US-Regierung insgesamt drei von acht Voting Members mit einem gewissen Trumpschen Bias versehen – bei einer Ernennung des bereits mandatierten Chris Waller zum neuen Vorsitzenden wären es vier und damit insgesamt ein Drittel der insgesamt zwölf Stimmberechtigten. Die Debatte um die Fed geht jedoch weiter: US-Finanzminister Bessent äußerte sich zuletzt vermehrt kritisch und monierte geldpolitisches Versagen seit der Finanzkrise durch unkonventionelle Maßnahmen, die Belastung des Durchschnittsbürgers durch zu hohe Inflation sowie ein Zinsniveau, das dem US-Immobilienmarkt schade und eine ‚National Housing Crisis‘ auslösen könnte. Die Absicht, die Fed näher an das Finanzministerium zu koppeln, würde die Unabhängigkeit deutlich gefährden, ebenso ein zuletzt auch diskutiertes drittes Mandat, in Bezug auf das Sicherstellen einer angemessenen Zinskurve am langen Ende. Unterm Strich werden die Märkte also nicht nur weiter auf Inflations- und Arbeitsmarktberichte schauen und ihre Fed-Erwartungen daraus ableiten, sondern auch auf die politischen Diskussionsströme genauestens achten.
Im weiteren Verlauf gehen wir aber nicht von einem Vertrauensverlust der Fed aus, der insbesondere auch ausländische Investoren verschrecken dürfte, wir rechnen aber weiterhin mit einem verzögerten Inflationseffekt durch die Zollpolitik, der sich moderat über die Produzentenpreise schließlich an die Endkunden – die US-Konsumenten richten dürfte. Diese zeigten sich auch im zweiten Quartal noch recht konsumfreudig, was trotz aller Unwägbarkeiten ein solides Wirtschaftswachstum in den USA von 2% als realistisch erscheinen lässt.
Zeitgleich normalisiert sich die Erwartungshaltung in der Eurozone und speziell in Deutschland, wobei die im Frühjahr eingepreisten Vorschusslorbeeren durch die angekündigten Fiskalprogramme zu verwelken drohen. Eine effiziente Allokation der neuen Gelder bei gleichzeitiger Entbürokratisierung bleibt die Bundesregierung bislang schuldig, und so beginnen Frühindikatoren wie der Einkaufsmanagerindex des verarbeitenden Gewerbes und die Zukunftsaussichten des ifo-Geschäftsklimaindex an Rückenwind zu verlieren. Es droht das gewohnte Muster der letzten Jahre, und zu wenig potenzielles Wirtschaftswachstum verschärft die Dramatik um die Staatschulden. Was bleibt, wären in diesem Fall höhere Renditen und stetig steigende Zinszahlungen. Der Herbst der Reformen muss sich ins Positive wenden, damit Deutschland und die Eurozone ab 2026 auf einen Wachstumspfad zurückkehren, der für nachhaltige Stärke steht.
Dies betrifft auch Frankreich: Nach erneutem Scheitern der Regierung stehen die Zeichen weiterhin nicht auf außerordentlicher Konsolidierung der Staatsfinanzen und führen demzufolge zu einem Trend hin zu einer Staatsverschuldungsquote von 130%. Moody‘s reagierte bereits und stufte Frankreich auf ein A-Rating ab, wodurch die französischen SSAs ihre LCR-Fähigkeit verlieren. Der Markt hat sich sein Urteil über Frankreich längst gebildet, Spreads notieren seit den letzten Wochen nun über den italienischen BTPs. Ein weiterer Vertrauensverlust in französische Papiere dürfte nur im Falle eines erneuten Scheiterns der Regierung und Neuwahlen zu befürchten sein, denn selbst ein Start in das neue Jahr mit einem Nothaushalt wäre keine Überraschung, da dies bereits 2025 so gehandhabt wurde.
Zudem mehren sich die Stimmen, die eine Vergemeinschaftung der Schulden als logische Konsequenz sehen und auch ein Eingreifen der EZB für möglich halten. Aktuell hält sich diese aber sowohl in Sachen Bilanzsummenaufbau, als auch bei Kommentaren zur Situation in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Eurozone zurück.

Asset Allocation – Unsere taktische Positionierung
Unsere Allokation folgt weiterhin einem ausgewogenen, risikoangepassten Ansatz. Im Anleihesegment setzen wir auf Qualität und mittlere Laufzeiten. Investment-Grade-Unternehmensanleihen sowie USD-denominierte Emerging-Market-Bonds bleiben bevorzugt. Inflationsgeschützte Anleihen ergänzen die Allokation sinnvoll, insbesondere angesichts anhaltender Lohnwachstums und geopolitischer Unsicherheiten.
Im Aktiensegment fahren wir eine „Barbell“-Strategie. Die zurückgekommenen Gewinnwachstumsprognosen in Europa stehen im Gegensatz zu den weiter positiv revidierten starken Gewinnwachstumsdynamiken in den USA und teilweise in Asien. Die teils ambitionierte Bewertung einiger Märkte benötigt jedoch auch klare, positive Gewinnrevisionen, um dem Aktienmarkt zu weiterem Potenzial zu verhelfen. In diesem Zusammenhang sind wir im gesamten Aktienblock neutral. Wir sehen weiterhin Potenzial bei asiatischen Aktien, die wir daher Übergewichten, gefolgt von US-Aktien. Europäische Aktien bewerten wir dagegen zurückhaltender und gewichten sie als einziges unter. Chancen sehen wir vor allem in qualitativ hochwertigen Substanzwerten sowie in Teilen der Schwellenländer – dort stimmen Bewertung und Wachstumsperspektiven nach wie vor.
Im Bereich alternativer Anlagen stehen Infrastrukturinvestitionen, Gold und eine solide Kassenquote im Fokus. Gerade Infrastruktur profitiert von den europäischen Fiskalprogrammen, die jedoch Zeit benötigen. Gold bleibt als geopolitischer Stabilisator gefragt. Die Liquidität im Portfolio dient der Flexibilität und eröffnet Spielräume für antizyklisches Handeln.
Anleihen
Wir glauben, dass die diesjährigen Hochs bei den langfristigen US-Renditen (5,10 % im Mai) erreicht sein könnten, ähnlich wie bei deutschen Bundesanleihen. Schwache Arbeitsmarktdaten und eine höhere Arbeitslosenquote haben Renditen nach unten gedrückt. Ein weiterer schwacher Bericht sollte zu einem „Bull-Steepener“ beitragen. Sollten die US-Arbeitsmarktdaten wider Erwarten besser ausfallen, ist mit einem „Bear-Flattener“ der Zinsstrukturkurve zu rechnen. Wir bevorzugen weiterhin Staatsanleihen in Europa sowie global Investment-Grade-Credit, um Volatilität zu steuern und stabile Erträge zu sichern. Der Carry ist unserer Auffassung nach weiterhin attraktiv.
Aktien
Dieser Zyklus ähnelt den frühen 2000er-Jahren: eine „No Hire, No Fire“-Ökonomie, in der Unternehmen die Einstellung drosseln, aber Entlassungen möglichst vermeiden. Es sieht nach einer mittelfristigen Anpassung („Mid-cycle“-Korrektur) aus, nicht nach einem Spätzyklus. Gewinne bleiben insgesamt moderat, aber die Revisionen gehen auseinander: Die USA zeigen Stärke, insbesondere in KI-nahen Sektoren; Europa enttäuscht weiterhin; Asien stabilisiert sich. Die Gewinnerwartungen liegen derzeit in den USA bei ca. +9 bis +10 %, während Europa sich bei mageren 2–3% einpendelt und Asien mit ca. 4–6 % gut vorankommt. Angesichts der aktuellen Bewertungen werden Gewinnrevisionen entscheidend sein. In den USA waren die Renditen gewinngetrieben, während außerhalb der USA die Performance stärker auf Multiple-Expansion beruhte. Wir empfehlen, investiert zu bleiben, mit Präferenz für Asien, gefolgt von den USA und dann Europa, wo strukturelle Schwächen bestehen. Beibehalten sollte man unser weiterhin favorisiertes Engagement in US-Technologie- und Gesundheitstiteln, und zur Diversifizierung setzen wir auf hochwertige europäische Titel mit starken Bilanzen.
Rohstoffe
Wir sind zunehmend vorsichtig für Brent, da die IEA Rekord-Lageraufbauten im 4. Quartal 2025 und 2026 prognostiziert. Positionierung und implizite Volatilität spiegeln die Risiken nicht angemessen wider. Gold bleibt unsere bevorzugte Anlageklasse. Wir halten weiterhin eine Long-Position als Absicherung gegen geopolitische und makroökonomische Volatilität.
Cash & FX: Der USD hat nahezu unser Ziel von 1,19–1,20 erreicht. Kurzfristig haben wir auf neutral gewechselt, mit der Erwartung einer Rückkehr in Richtung 1,14-1,16. Bis 2026 sollten strukturelle Gegenwinde den Dollar schwächen, wodurch sich EUR/USD in Richtung 1,22–1,24 bewegt.
Was bedeutet das für Anleger?
Wir empfehlen weiterhin einen taktischen, datenabhängigen Ansatz. Der Kurswechsel der Fed hin zu Lockerungen, die begrenzte Inflation und ein Umfeld von Aktien im mittleren Zyklus sprechen für eine „Investiert-Bleiben-Strategie“, auch wenn Risiken am Arbeitsmarkt bestehen. Seit August sind wir leicht risikofreudiger eingestellt und haben im August die Long-Puts auf den Eurostoxx 50 und den S&P500 geschlossen, da sich die befürchteten höheren Inflationsraten nicht einstellten und es nicht zu Verwerfungen am Kapitalmarkt über den Sommer kam. Zum Jahresende erwarten wir ein konstruktiveres Aktienumfeld, getrieben zum einen von Zinssenkungen der Fed, Lösungen in Frankreich ggf. durch eine europäische Verteidigungs- und Haushaltsunion, was Bunds nach oben drücken würde, und durch bessere Inflationssichtbarkeit und weitere wirtschaftliche Stabilisierung. Langfristige Staatsanleihen Renditen sind durch fiskalische Bedenken als potenzieller Markttreiber eng zu beobachten, da dies die Märkte negativ unter Druck setzen könnte.
Investment-Grade-Anleihen bieten eine solide Ertragsquelle – ohne übermäßige Risiken einzugehen. Die Aktienquote sollte leicht offensiv ausgerichtet bleiben, mit Fokus auf robuste Geschäftsmodelle und stabile Regionen. Gold und Kasse ergänzen das Portfolio als Puffer gegen geopolitische und marktbedingte Ausschläge.
Wachsamkeit und Flexibilität sind in den kommenden Monaten wichtiger denn je. Der politische Einfluss auf wirtschaftliche Rahmenbedingungen ist hoch, insbesondere in den USA. Eine weitsichtige Titelauswahl und ein aktives Risikomanagement sind gerade jetzt der Schlüssel. Doch das volatile makroökonomische Umfeld bringt Risiken in Portfolios, die aktiv gemanagt und, wenn möglich, neutralisiert werden müssen. Wir empfehlen dementsprechend in unseren Kundenportfolios eine leicht offensive Risikostruktur zum Jahresende hin im Vergleich zur Benchmark, da sich an unserem Basisszenario eines moderaten Weltwirtschaftswachstums nichts verändert hat.


Ihr Mehrwert mit BayernInvest
Unsere Allokationsstrategie verbindet aktives Risikomanagement mit nachhaltiger Substanz. In einem herausfordernden Marktumfeld liefern wir klare Einschätzungen und umsetzbare Entscheidungen – abgestimmt auf die Bedürfnisse institutioneller Investoren.
Sprechen Sie uns gerne an, wenn Sie unsere Strategien im Detail nachvollziehen oder gemeinsam mit uns Chancen im Portfolio identifizieren möchten.


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