Die Reform der Investmentbesteuerung und ihre Auswirkungen auf Publikums- und Spezialfonds

Beitrag der BayernInvest für die TELOS Master-KVG-Studie

Vor genau einem Jahr hat die BayernInvest an dieser Stelle einen Artikel zur  bevorstehenden Reform der Investmentbesteuerung veröffentlicht, damals noch auf Basis des Diskussionsentwurfes vom Juli 2015. Eine der größten Sorgen der Branche war zu diesem Zeitpunkt das drohende „Aus des institutionellen Publikumsfonds“ durch die geplante Abschaffung der steuerlichen Transparenz. Der letztjährige Artikel hatte dieses Thema beleuchtet und kam zu dem Schluss, dass die Investition in Publikumsfonds auf Basis des Diskussions-Gesetzesentwurfes in Zukunft für institutionelle Investoren tatsächlich uninteressant geworden wäre. Nun, ein Jahr später, haben wir Gewissheit: Die Reform kommt! Das Investmentsteuerreformgesetz wurde im Juli 2016 verabschiedet und der Großteil der Neuregelungen findet ab 1.1.2018 Anwendung. Jetzt stellt sich die Frage, wie es tatsächlich um den institutionellen Publikumsfonds steht?

In der Gesamtschau ist festzustellen, dass im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens an diversen Stellen im Investmentsteuergesetz nachgebessert und weiter konkretisiert wurde, sodass sich einige eher nachteilige Effekte aus den ursprünglichen Gesetzesentwürfen zwischenzeitlich neutralisiert haben. Nichtsdestotrotz sind viele Fragen offengeblieben, insbesondere bei der praktischen Umsetzung einiger Regelungen im Zusammenspiel zwischen Investor, depotführende Stelle, Verwahrstelle, KVG und Finanzverwaltung. So arbeiten Verbände und Vertreter der Beteiligten gemeinsam mit dem BMF derzeit an der Beantwortung von Auslegungsfragen sowie an der Einführung von Vereinfachungsregeln und Übergangsvorschriften zu den gesetzlichen Neuregelungen. Dies könnte dazu führen, dass sich die Auswirkungen der Reform auf bestimmte Vehikel und Investorengruppen im Laufe des kommenden Jahres im Vergleich zu heute nochmal verändern wird.

Im Folgenden werden zwei wesentliche Neuregelungen aus heutiger Sicht betrachtet, die das aktuelle System der Investmentbesteuerung verändern und sich maßgeblich auf den institutionellen Publikumsfonds auswirken werden: Die partielle Aufhebung der Steuerfreiheit des Investmentfonds und die Abschaffung der Transparenz für Publikums-Investmentfonds.

 

1. Partielle Aufhebung der Steuerbefreiung von Investmentfonds

Von Beginn an ist die Investmentbesteuerung durch das Transparenzprinzip geprägt. Ein Anleger sollte durch die Investition in einen Fonds aus steuerlicher Sicht nicht schlechter gestellt sein, als bei direkter Investition in die jeweiligen Anlagegegenstände. Einer der wesentlichen Pfeiler des Transparenzprinzips ist folglich die Steuerbefreiung des Investmentfonds selbst. Erträge bzw. Gewinne aus den Anlagen können so ohne steuerliche Mehrbelastung dem Anleger zufließen und unterliegen erst auf seiner Ebene der Besteuerung. Die im Ausland angefallene Quellensteuer kann hierbei in Abzug gebracht oder auf die eigene Steuerschuld angerechnet werden, wodurch gewährleistet ist, dass im Rahmen eines Fondsinvestments eine Doppelbesteuerung weitgehend vermieden wird.

Mit der Reform wird die Steuerfreiheit für Publikums- sowie Spezialfonds teilweise aufgegeben. Geplant ist gemäß § 6 Abs. 2 bzw. § 29 Abs. 1 InvStG eine Besteuerung des Investmentfonds für folgende Ertragsarten:

  • Inländische Beteiligungseinnahmen (im Wesentlichen Dividenden, ohne Anwendbarkeit des § 8b KStG)
  • Inländische Immobilienerträge (Mieteinnahmen und Veräußerungsgewinne – auch außerhalb der 10-Jahresfrist)
  • Sonstige inländische Einkünfte i.S.d. § 49 Abs. 1 EStG (betrifft lediglich Sonderfälle)

Die Beteiligungseinnahmen unterliegen gemäß § 7 Abs. 1 InvStG bei Zufluss im Investmentfonds (also brutto, vor Abzug von Werbungskosten) einer Körperschaftsteuer in Höhe von 15 %, wobei der Solidaritätszuschlag bereits eingerechnet ist. Dem Fonds fließen in Zukunft also nur noch 85 % der inländischen Dividenden zu. Die anderen Erträge, die keiner Körperschaftsteuer auf Fondseingangsseite unterliegen, werden nach Abzug von Werbungskosten auf Fondsebene besteuert (Pflicht zur Veranlagung). Die oben nicht genannten Ertragsarten (z.B. Zinsen) bleiben auf Fondsebene körperschaftsteuerfrei. Gewerbesteuerlich ist der Investmentfonds insgesamt steuerbefreit (§ 15 InvStG).

Für Spezial-Investmentfonds gibt es die Möglichkeit der Abstandnahme von der Eingangs-Kapitalertragsteuer (Transparenzoption, § 31 Abs. 1 InvStG). Hierfür muss der Spezialfonds gegenüber der auszahlenden Stelle unwiderruflich erklären, dass die Steuerbescheinigungen auf den Namen des Investors ausgestellt werden. Dadurch werden die Beteiligungseinnahmen direkt dem Investor zugerechnet und folglich wird eine vollständige Transparenz erreicht. Wenn der Spezialfonds auf Fondsausgangsseite einen Kapitalertragsteuerabzug auf die inländischen Immobilienerträge und sonstigen inländischen Einkünfte vornimmt, entfällt gemäß § 33 InvStG für diese die Körperschaftsteuerpflicht auf Fondsebene. Für Spezialfonds und deren Anleger hat diese Neuregelung zwar einen administrativen Mehraufwand zur Folge, aber keine erkennbare steuerliche Mehrbelastung.

Für Publikumsfonds ist eine Abstandnahme vom Einbehalt, eine Erstattung oder Anrechnung der Körperschaftsteuer nicht vorgesehen (Ausnahme besteht lediglich für gemeinnützige, mildtätige bzw. kirchliche Anleger und Altersvorsorge- und Basisrentenverträge). Stattdessen wird es zum Ausgleich der Eingangsbesteuerung eine pauschale Teilfreistellung von der Steuerpflicht auf Anlegerebene geben (§ 20 InvStG). So werden Erträge aus Aktienfonds zu mindestens 30 % freigestellt, bei institutionellen Investoren erhöht sich die Freistellung sogar auf bis zu 80 % (falls Anwendung § 8b KStG gegeben). Bei sog. Mischfonds halbieren sich die Quoten für Privatanleger von 30 % auf 15 %, für einkommensteuerpflichtige Anleger mit Betriebsvermögen von 60 % auf 30 % und für körperschaftsteuerpflichte Investoren von 80 % auf 40 %. Für Erträge aus Immobilienfonds gilt eine Teilfreistellung von 60 %.  Ein Aktienfonds qualifiziert sich als solcher, wenn er laut Anlagebedingungen zu mindestens 51 % in Aktien investiert ist, bei Mischfonds sind es mindestens 25 %. Ein Immobilienfonds muss mindestens 51 % in Immobilien investiert sein. Handelt es sich dabei um mindestens 51 % ausländische Immobilien, erhöht sich die Teilfreistellung von 60 % auf 80 %. Dies soll die ausländischen Immobilienerträge, die laut DBA in Deutschland eigentlich von der Besteuerung freigestellt sind, auf Fondsausgangsseite kompensieren.

In der Fassung des Gesetzesentwurfes vom Juli 2015 waren die Teilfreistellungsquoten noch deutlich geringer und nicht nach Investorengruppen unterschieden. So wären Aktienfonds pauschal nur zu 20 % und Immobilienfonds zu 40 % freigestellt gewesen (bei Fokus auf Auslandsimmobilien bis 60 %). Die starke Kritik der Branche hat den Gesetzgeber dazu bewogen, die Teilfreistellungsquoten zu erhöhen. Die Kritik richtete sich gegen die geringen pauschalen Teilfreistellungen, die die steuerliche Mehrbelastung auf Eingangsseite nicht kompensieren könnten und es somit teilweise zu deutlichen Mehrbelastungen käme, insbesondere bei institutionellen Kunden. Einige Beispielrechnungen auf Basis von Echtdaten vergangener Jahre haben gezeigt, dass durch die Anhebung der Quoten eine Kompensation in vielen Fällen nun gegeben ist und es teilweise sogar zu steuerlichen Begünstigungen gegenüber dem aktuellen Transparenzprinzip führen kann.

Die erwähnten Beteiligungsquoten an Aktien bzw. Immobilien als Grundlage für die Anwendung der Teilfreistellungssätze führen bereits zu Strukturierungsüberlegungen in der Branche, die Freistellungen auch für steuerlich nicht vorbelastete Erträge nutzbar zu machen. So findet beispielsweise die 80%ige Freistellung bei Aktienfonds auf jegliche Ausschüttung, Vorabpauschale und Veräußerungsgewinn des Fonds Anwendung, auch wenn diese Erträge originär nicht nur aus Aktien stammen. Ein Investmentfonds mit 49 % Investition in Renten erzielt u.a. Zinserträge und Veräußerungsgewinne aus Renten, die nun auch ohne Eingangsbesteuerung ebenfalls zu 80 % steuerfrei ausgeschüttet werden können. Dies gibt Raum für Portfoliostrukturierungen in Richtung „knapper“ Aktien- oder Mischfonds.

 

2. Abschaffung der Transparenz für Publikums-Investmentfonds

Neben der Steuerbefreiung des Investmentfonds zählt zu den wesentlichen Grundprinzipien des derzeitigen Fondsbesteuerungssystems für Publikums- und Spezialfonds die semi-transparente Logik. Erträge werden bei Ausschüttung oder Thesaurierung dem Anleger steuerlich zugerechnet und unterliegen dort der Besteuerung. Realisierte Gewinne bleiben solange nicht steuerbar, wie sie nicht ausgeschüttet werden oder der Investor seine Fondsanteile nicht verkauft bzw. zurückgibt (sog. Fondsprivileg). Realisierte Verluste verbleiben im Fonds und sind mit zukünftigen Gewinnen gleicher Art verrechenbar.

Nach der Reform wird sich dies nun wesentlich ändern. Das semi-transparente Regime gilt nur noch für Spezial-Investmentfonds, für Publikumsfonds wird ein neues intransparentes Besteuerungsregime eingeführt. Im intransparenten Besteuerungssystem gibt es keine Durchleitung der Erträge nach Ertragsarten mehr und folglich auch keine differenzierte bzw. steuerbegünstigte kapital- und ertragsteuerliche Behandlung. Eine Weitergabe von auf Fondsebene angefallener anrechenbarer Quellensteuer an den Anleger entfällt ebenso, wie beispielsweise die Meldung von Zinsen im Sinne der Zinsschranke i.S.d. § 4h EStG. Das Grundprinzip der Transparenz, der wesentliche Eckpfeiler der Fondsbesteuerung, entfällt für Publikumsfonds folglich in Gänze.

Die Intransparenz gilt grundsätzlich für alle vom KAGB erfassten Investmentvermögen, die nicht als Spezial-Investmentfonds nach § 26 InvStG qualifizieren (mit einzelnen Ausnahmen). Das sind insbesondere Publikumsfonds, aber u.a. auch die nach aktuellem Regime als Personen- und Kapitalinvestitionsgesellschaften qualifizierten Fonds. Um als Spezial-Investmentfonds zu gelten, muss der Fonds in Zukunft nahezu identisch die aktuellen Vorgaben des § 1 Abs. 1b InvStG (steuerlichen Anlagebedingungen) einhalten und zudem seine Investoren auf maximal 100 nicht natürliche Personen beschränken. Auch mittelbare Investitionen von Privatanlegern über Personengesellschaften sind in Zukunft unzulässig (Übergangsvorschriften für Bestandskunden vorhanden). Der Status quo für Spezialfonds bleibt demnach weitgehend erhalten.

Im Rahmen der intransparenten Besteuerung für Publikumsfonds werden Ausschüttungen, die sog. Vorabpauschale und die Gewinne aus der Veräußerung von Fondsanteilen der Besteuerung unterworfen. Die oben erläuterten Teilfreistellungen für Aktien- und Immobilienfonds fänden in allen drei Bereichen Anwendung. Bei Ausschüttung des Publikumsfonds wird in Zukunft nicht mehr unterschieden, ob es sich um eine Ausschüttung von Erträgen, Gewinnen, ausschüttungsgleichen Erträgen aus Vorjahren oder Substanz handelt. Der gesamte Ausschüttungsbetrag unterliegt dem Kapitalertragsteuerabzug (soweit nicht teilfreigestellt).

Die im derzeitigen Regime implementierte Besteuerung von nicht ausgeschütteten, also thesaurierten Erträgen zum Geschäftsjahresende des Fonds wird für Publikumsfonds durch die Besteuerung der sog. Vorabpauschale ersetzt (vgl. § 18 InvStG). Diese errechnet sich aus dem Rücknahmepreis des Fonds zu Beginn des Kalenderjahres multipliziert mit 70 % des Basiszinssatzes im Sinne des § 203 Abs. 2 BewG. An die Stelle der ausschüttungsgleichen Erträge tritt demnach eine pauschale Bemessungsgrundlage in Höhe einer risikolosen Marktverzinsung. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens wurde der Prozentsatz von 80 % auf 70 % reduziert, um steuerliche Belastungen aufgrund einer zu hohen „Pauschalverzinsung“ zu vermeiden. Der derzeitige Basiszins liegt bei 1,1 %, sodass aus aktueller Sicht jedem Fonds eine Mindestverzinsung von 0,77 % unterstellt wird.

Die Vorabpauschale greift immer dann, wenn im Veranlagungszeitraum die Ausschüttungen des Investmentfonds diese Marktverzinsung nicht erreicht haben. Der daraus entstehende Differenzbetrag unterliegt der Besteuerung. Weitere Voraussetzung einer Besteuerung der Vorabpauschale ist eine positive Wertentwicklung des Fonds über das Kalenderjahr betrachtet. Daher erfolgt keine Besteuerung der Vorabpauschale, wenn der Fondsanteil über das Kalenderjahr hinweg nicht gestiegen ist.

Nichtsdestotrotz wird der Anstieg des Fondspreises pauschal besteuert. Dies erfolgt in exakt gleicher Höhe und ist unabhängig davon, ob die Wertentwicklung des Fonds im Kalenderjahr +1 % oder +100 % betrug. Aber auch eine Wertentwicklung von +100 % kann sich ausschließlich aus unrealisierten Wertveränderungen ergeben, die dem Fonds noch nicht zugeflossen sind, solange sie nicht realisiert wurden. Grundlage der Besteuerung sind somit teilweise auch schwebende Geschäfte. Ob dies mit dem Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit vereinbar ist und ob es zulässig ist, dem Anleger keine Möglichkeit der Offenlegung der Besteuerungsgrundlagen einzuräumen – wie im Fall „van Caster und van Caster“ zur Pauschalbesteuerung nach § 6 InvStG – wird sich in der Zukunft zeigen.

Der Gesetzgeber hat jedoch vorgesehen, dass die geleisteten Vorabpauschalen bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns aus der Rückgabe bzw. Veräußerung von Fondsanteilen in Abzug gebracht werden können, § 19 InvStG, sodass sich etwaige zu hoch versteuerte Vorabpauschalen spätestens bei Rückgabe bzw. Veräußerung des Fondsanteils wieder ausgleichen. Auch hierzu hat es bereits Proberechnungen gegeben, die zwar in gewissen Konstellationen eine steuerliche Mehrbelastung bei institutionellen Investoren aufgezeigt haben. Allerdings haben diese Berechnungen auch einige Fälle hervorgebracht, bei denen eine intransparente Besteuerung steuerlich günstiger war, als eine transparente Besteuerung nach dem aktuellen Investmentsteuerrecht. Insoweit haben die Nachbesserungen des Gesetzgebers im letzten Jahr auch hier in Bezug auf den institutionellen Publikumsfonds für Entspannung gesorgt.

Die BayernInvest hat bereits diverse Analysen und Ausarbeitungen zu den Auswirkungen der Reform und der neuen Besteuerungssysteme auf verschiedene Investorengruppen durchgeführt. Gerne beraten wir institutionelle Investoren in der Ausgestaltung ihres Publikums- oder Spezialfonds-Portfolios, um sicherzustellen, dass sie ab 2018 keiner unnötigen steuerlichen Mehrbelastung unterliegen. Sollten Sie Interesse an einem Austausch haben, kommen Sie gerne einfach auf uns zu.

Download